„Tach zusammen.“
„Tach Ewald. Ach, da ist ja wieder unser Motorradfahrer. Ich hab dich gestern mit deiner alten Karre gesehen. Haste keine Angst, dass die unter deinem dicken Hintern zusammenbricht?“
„Du spinnst doch wohl, das ist echtes Eisen, da bricht nix. Diese Maschine hat den Russlandfeldzug mitgemacht. Was soll es da noch Schlimmeres geben.“
„Jetzt kommt es aber dicke, jetzt dreht er ab.
„Ihr habt ja keine Ahnung, was die Maschine alles erlebt hat. Die ist von Baujahr `42 und läuft heute noch wie neu.“
„Dann erzähl uns mal von deinem Russlandfeldzug. Josef, bring uns jedem mal `nen Bier und Korn, Ewald erzählt uns seine Kriegsgeschichten.“
„Ihr seid doch total dämlich. 42 war ich doch noch gar nicht geboren. Die Maschine gehörte meinem Onkel Emil. Der hat den Russlandfeldzug mitgemacht. Er war Meldefahrer und war in Stalingrad dabei.“
„Was hat der denn so gemeldet?“
„Jede Menge. Der sollte mal eine Depesche raus aus Stalingrad zum Panzerkommandeur Hoth jenseits des russischen Belagerungsringes bringen. Weil viel Schnee lag, hat man ihn mit der Beiwagenmaschine geschickt. Die ging gut durchs Gelände weil das Rad am Beiwagen mit angetrieben war. Daher war die Maschine für den Einsatz bestens geeignet. Es kam auch ein Schütze mit. Auf dem Beiwagen war nämlich ein Maschinengewehr montiert.“
„Dann habt ihr euch also den Weg freigeschossen.“
„Nicht ganz so. Die zwei haben sich aber gekonnt durch die russische Front laboriert, die deutsche Panzereinheit erreicht und die Depesche übergeben.“
„Klingt irgendwie nach Abenteuer.“
„Wie bist Du denn dann an die Maschine gekommen?“
„Glaubt mir, das ist ja erst der Anfang der Geschichte. Der General hat deren Mut und vor allem das Motorrad gelobt, weil das so gut durchgehalten hat. Das ist echtes Eisen, hat er gesagt. Und weil mein Onkel als Fahrer, der Maschinengewehrschütze und vor allem die Maschine so toll wären, hat er denen eine weitere Depesche gegeben. Die sollte mein Onkel nach Berlin zum Hauptquartier bringen.“
„Aha, jetzt rückt das Motorrad langsam zu dir.“
„Ja, so war das, mein Onkel Emil hat mir das alles so erzählt. Er hat bei Kriegsende das Motorrad in seinen Schuppen gestellt und seitdem nicht mehr gefahren.
„Onkel Emil war schon lange tot, da sagte mir Tante Lisbeth, die wohnt auch hier in Frohnhausen: ‚Ewald, da steht son altes Ding im Schuppen, mach das doch mal weg. Für so altes Eisen kriegst Du sicher noch en paar Mark.‘
Ich wusste ja, dass die Maschine da steht. Also bin ich wie der Blitz hin. Die war total zugemüllt, ich musste das Teil erstmal freilegen. Und da stand das gute Stück Eisen. Und das Maschinengewehr war auch noch dran. Habe mir fix eine Batterie und einen Kanister Benzin gekauft Wie sich das für eine gute Maschine so gehört, sprang sie nach einigem Kickstartertreten an und böllerte in die Welt.
Die nächsten Tage habe ich mit Ölwechsel, Inspektion und Putzen verbracht.
Dann kam der große Augenblick, ich wollte das Teil zulassen und Papiere beantragen. Hat sie denn noch TÜV, war die Frage beim Verkehrsamt. TÜV 1942, wenn es das überhaupt zu der Zeit gab und dann noch eine Militärmaschine? Außerdem wäre die TÜV-Plakette nach nunmehr 60 Jahren sowieso abgelaufen.
‚Also gehen Sie mit dem Motorrad erst mal zum TÜV und dann reden wir weiter.‘
Der TÜV-Beamte meckert mich an: ‚Da ist ja ein Maschinengewehr auf dem Beiwagen. Sonderausstattungen müssen gesondert abgenommen werden und Sie müssen mir ein Gutachten wegen der Verkehrssicherheit vorlegen.‘
Ich bring ein, das ist keine Sonderausstattung, die wurde werksmäßig so ausgeliefert.
Doch weiter kam ich nicht, urplötzlich war ich von Polizisten einer Sonderterroreinheit umringt. Die haben mich verhaftet und mein Motorrad konfisziert.
Jetzt hatte ich erstmal Theater um die Ohren. Man hat mir gestattet, einen Vereinskollegen anzurufen. Der Gerald ist bei Rot-Grün Essen, wo ich ja Jugendtrainer bin, im Vorstand. Der ist ein hohes Tier bei der Polizei. Was soll ich lange erzählen, die haben dann rausgefunden, dass ich kein Terrorist bin und haben mich wieder freigelassen. Das Maschinengewehr mit Munition haben die aber abgebaut und konfisziert. Für das Motorrad musste ich einen Euro bezahlen. Das war ja noch Staatseigentum.“
„Da sieht man es wieder, der Staat schröpft uns, wo er kann. Ich hätte denen eine Gegenrechnung für 60 Jahre Garagenmiete gestellt.“
„Kommt Jungs, hier nochen Bier und Korn, das geht aufs Haus. Feiern wir mal diese Geschichte. Ich für meinen Teil sehe das alte Eisen jetzt als echtes Eisen an.“
Die Geschichte gefällt mir!
Ein schöner Bericht. Ich fahre auch Mororrad.