„Tach Willi, n‘ Tach Ewald.“
„Na Helge bis`te wieder im Land?“
„Ja, bin gestern Abend wieder zurückgekommen.
Habe einen Onkel von mir in Braunschweig besucht. Der alte Knabe hat sich eine neue Freundin angeschafft. 25 Jahre jünger als er ist die. Sie ist auch nicht mehr so ganz jung, aber irgendwie ein strammes Gerät.“
„Wie alt ist dein Onkel denn?“
„83 is er.“
Willi: „Da fragt man sich, was der denn mit so einer viel jüngeren Frau macht. Hat es was anne Füße?“
„Nö, der hat Geld. Aber reich kann man nicht sagen. Die sagen, sie lieben sich und genießen alles, auch im Bett.“
Ewald: „Da kann ich ja nur lachen. 83 und vögeln. Erzähl mir noch einen.“
„Da kannst Du ruhig herumglucksen. Das ist in meiner Familie nicht selten, im hohen Alter noch stramm drauf zu sein.“
Ewald: „In deiner Familie. Soll wohl heißen, du bringst es auch noch.“
„Oh ja, das könnt ihr mir glauben. Betty und ich haben noch viel Spaß im Bett.“
Ewald: „Lass mal stecken. Wer‘s glaubt, wird selig. Bei deinem Verwaltungsjob hast Du dich ja jeden Tag ausruhen können.“
Willi: „Was hast denn bei deinem Onkel gewollt? Kannste den beerben, wenn er tot aus dem Bett fällt?“
Helge: „Nee, so weit isses noch nicht. Wir haben über familiäre Dinge gesprochen, was er den anderen sagen soll, wenn er wieder heiratet. Über einen Ehevertrag haben wir auch geredet. Ich war ja kein Rechtsanwalt, aber in meinem Beruf hatte ich schon etwas Übersicht.“
Willi: „Denn lass man gut sein. Wie war es denn sonst in Braunschweig? Was macht man denn da so?“
„Hab` nicht viel gemacht. Bin durch die Innenstadt spaziert. Auf dem Rückweg zum Hotel ist mir eine hübsche Altstadtgasse aufgefallen. Die lag auch auf meinem Weg. Und als Stadtspaziergänger mag man solche Altstadtbereiche sowieso. Da waren kleine rausgeputzte Fachwerkhäuser und ein knorriges Straßenpflaster.
Als ich die Straße erreichte, war sie allerdings mit einer Mauer versperrt. Die hatte nur einen schmalen Durchgang.
Es kam mir schon komisch an. Naja, das ist hier also die Art, gegen Fahrzeuge eine verkehrsberuhigte Zone zu schaffen. Es war aber sowieso mein Weg und zu Fuß war ich auch.
Was mir sofort auffiel, es saßen an einigen Fenstern Frauen und schauten freundlich auf das, was sich dort auf der Straße vorbeikam.“
Willi: „So ist das, die Männer schuften sich zu Tode und die Frauen haben nichts Besseres zu tun, als im Fenster rumzuhängen:“
„Sei mal nicht so heftig. Das kenn ich hier auch, bei mir gegenüber liegt eine Frau den ganzen Tag im Fenster. Die weiß über alles Bescheid. Ich kann nur sagen, so missmutig wie die Frau von gegenüber waren die in dieser Straße aber nicht. Alle waren sehr freundlich und gut gelaunt. Ich hatte sogar den Eindruck, einige von ihnen wollten mich einladen, zu einer Tasse Kaffee und einem netten Gespräch.“
Ewald: „Und, biste reingegangen?
„Nee, mir war nicht nach Kaffee. Beim nächsten Mal mach ich das aber.“
Ewald: „Mann Helge, wie bescheuert bist du eigentlich. Das waren Nutten.“
„Du meinst Prostituierte? Nein, das glaube ich nicht. Die waren ganz normal angezogen. Prostituierte haben kurze Röcke und Netzstrümpfe an und tiefe Ausschnitte. Das weiß ich doch vom Fernsehen.“
Willi: „Da muss ich dem Ewald aber recht geben. Was du gesehen hast, ist ein klarer Fall. Das war ein Bordell.“
„Nein nein, das nehme ich euch nicht ab. Die Frauen wirkten alle sehr nett. Ich denke, das ist Brauchtum aus dem Mittelalter, das in dieser historischen Gasse weiterlebt.