Roswita kommt

„N`Abend Josef.“

„Ach Herbert, du lässt dich auch mal wieder blicken, Ich hab schon gehört, dein Stammplatz ist jetzt in Trudes Biergarten.“

„Geh mir weg mit Trudes Biergarten. Was ich da alles erlebt habe, darf ich keinem erzählen.“

„Na, denn leg mal los.“

„Du kennst ja den Taubenvatters Jupp. Der ist ja mein Nachbar. Hat mir immer erzählt, wie prima seine Kumpel vom Taubenzüchterverein sind. Die treffen sich immer bei Trude und haben immer viel Spaß, hat er gesagt. Dann hat er mich überredet, da mal hinzukommen in den Biergarten.“

„Biergarten ist ja ne gute Sache. Dir ist klar, hier bei mir auf der Terrasse, das ist ja wohl auch ein Biergarten.“

„Ja, du hast ja recht, aber dein Biergarten ist quasi noch ein Stück Haus. Trudes Biergarten ist außerhalb mit mehr Natur.“

„Was soll das denn heißen? Mehr Natur. Hier habe ich auch jede Ecke bepflanzt.“

„Ist ja richtig, aber bei Trude fühlt man sich da mehr dem Wetter und allem ausgesetzt. Das ist schon fast Wildnis.

Dann lass mich mal erzählen. Wir waren am Nachmittag in Trudes Biergarten verabredet, und weil das so weit draußen ist, habe ich den Fernseher angemacht und die Wetterkarte angeguckt. Da haben die gesagt, Hansi zieht über Deutschland.

Du weißt ja Bescheid, dass ich mich mit so Wissenschaftssachen auskenne. Daher weiß ich, dass männliche Namen Hochdruckgebiete sind. Und daher konnte ja nichts schiefgehen. Habe mir Bermudashorts und T-Shirt angezogen und bin los in die Sommerfrische.

Naja … frisch war es, aber auch kalt. Nun ja, dachte ich, Hochdruck wird schon noch kommen.  Hansi ist wohl noch nicht so weit.

Ich komm in den Biergarten und da sind die Kerle. Alle andern sitzen da mit Anorak und so weiter, warm eingepackt.

„Wie siehst Du denn aus, etwas durchgefroren?“ Quatscht mich einer von den Kumpeln vom Jupp an.

„Das Hoch Hansi wird schon noch kommen, dann seht ihr, dass ich passend angezogen bin.“

„Ach jaaa, der liest ja keine Zeitung. Kannst Du überhaupt lesen?“

„M … ja, eigentlich schon.“

„Also hör zu: der Frauenverband Emmahaudrauf hat die ständige Diskriminierung der Frauen abgeschafft. Nun werden die freundlichen Hochdruckzonen mit Frauennamen bezeichnet und die üblen Tiefdruckzonen mit Männernamen.“

„Ach, ja … so ist das also.“

Die Trude von Trudes Biergarten: „Das hätte ich dir auch sagen können. Aber hier in meinem Biergarten ist es so wettergeschützt, da hättest Du nicht gefroren.“

Nun, dann beim nächsten Treff werde ich‘s denen zeigen. Der Wetterbericht meldet Gustaf. Alles klar, ich ziehe Stiefel, Regenmantel an. Statt Regenschirm habe ich mir einen Südwestern aufgesetzt.

Nanu … da steht ja nicht mehr Biergarten bei Trude, sondern bei Manni. Meine Stammtischkollegen stehen da mit T-Shirt.

Habe dann erstmal die Namensänderung angesprochen. „Lasst mich raten, `EmmaHauDrauf` war hier.“

„Richtig, haste gut erkannt“, kam es von denen.

„Die Frauen wollen nicht mehr mit den ständigen Besäufnissen in diesem Etablissement in Verbindung gebracht werden. Da war die Namensänderung nicht mehr zu verhindern.“

„Und jetzt erzählt mir noch, was mit den Wetterberichten los ist.“

„Können wir dir sagen. Jetzt hat der Männerverband `WirEdlenGeschöpfe` eingebracht, bei den Bezeichnungen der Druckzonen eine routinemäßige Geschlechtsumwandlung vorzunehmen.“

„Na, dann weiß ich jetzt immer Bescheid. Oder auch nicht, was kann man denn heutzutage noch glauben?“

Willi: „Herbert du armer Kerl. Das wäre dir alles erspart geblieben, wenn du nicht zur Konkurrenz gegangen wärst.“

„Warte mal ab, hör mal zu. Das mit der Namensdreherei wird noch schlimmer: Jetzt kommt ein ganz dickes Ding.

Mein Telefon zu Hause klingelt. Am anderen Ende ertönt eine rauchige, erregende Stimme: „Ich bin Roswitha, ich habe dich heute im Supermarkt gesehen. Du bist ein ganz toller Kerl. Ich würde dich gern heute Abend besuchen.“

Es verschlägt mir den Atem. Die Haare an Arm und Hand, die das Telefon hält, stehen senkrecht. „Ja … ja … natürlich, um acht passt es gut.“

Ich denke, hoffentlich hat meine Stimme nicht gezittert.

Wooouuuw … das ist die moderne Welt. Die Frauen zucken gar nicht mehr, sich einfach bei einem Mann einzuladen.

Es klingelt an der Haustür. Ich bin gewappnet. Das Ereignis muss mit einem Prosecco begrüßt werden. Ich öffne die Tür und da fallen mir die Flasche und Gläser aus der Hand. Roswita ist ein Mann, einer von den Taubenzüchtern.“

„Ach Herbert lass stecken, vergiss das alles. Mit dem Taubenzüchterverein kann man nichts anfangen. Die spinnen doch alle. Hier nimm noch einen und Prost.“

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